Raum 2 – Ärztliche Versorgung
 
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Die Betreiber der Badestube nannten sich im Mittelalter Bader, oder auf fränkisch „Boder“. Die Boder befeuerten das zentrale Schwitzbad, kümmerten sich aber auch um Körperpflege, Hygiene sowie die medizinische Versorgung. Der „Boder“ war ein hochgeachteter Heilberuf.

Im Konzil von Tours 1163 hatte die Kirche den meist theologisch vorgebildeten Ärzten den Kontakt mit Blut untersagt. Deshalb übten die Bader zusätzlich zu Haarschnitt und Rasur die „kleine Chirurgie“ aus: Sie versorgten Wunden, richteten Brüche und zogen Zähne. Sie ließen zur Ader, schröpften und setzten Klistiere. Auch verkauften und verabreichten sie selbst hergestellte Medizin.

In Markt Erlbach wird bereits im 15. Jahrhundert eine Badstube samt Bader erwähnt. Ab 1850 arbeitete Michael Ziegler hier als Bader. Ihm folgte von 1890 bis 1940 sein Sohn Lorenz nach – der letzte approbierte, im Krankenhaus oder Lazarett ausgebildete und geprüfte Bader im Ort.

Ärzte, Zahnärzte, Friseure und Perückenmacher lösten die Bader Anfang des 20. Jahrhunderts ab. 1939 wurde die Ausbildung zum Bader eingestellt, der Beruf starb aus. Im Volksmund ist das fränkische „Boder“ für Friseur aber erhalten geblieben. Und in den Räumen des Lorenz Ziegler waschen, frisieren, färben, locken und schneiden die Angestellten heute noch gekonnt!

In der oberen Schublade auf der linken Seite der Schrankwand finden Sie ein geheimnisvolles Buch, das Webmuster- und Hexenbuch der Weberfamilie Giesberger aus den Jahren 1702 bis 1890. Kräuterkundige Frauen, die das „Bannen“ von Krankheiten und das „Brauchen“, das Brauen von Suden aus Heilkräutern und Wurzeln beherrschten, leisteten im Krankheitsfall Hilfe. Bei ihren Behandlungen spielten Aberglaube und Zauber eine große Rolle. Sie trugen diesen Frauen den gefährlichen Titel „Hexe“ ein.

In dem Buch sind sowohl geschichtliche Aufzeichnungen als auch Stick- und Webmuster, Färbevorschriften und ärztliche Rezepte für Mensch und Tier niedergeschrieben. Viele Zaubersprüche lassen das finstere Reich des Aberglaubens und der Hexerei erahnen. Ein Beispiel für die Krebsbehandlung zeigt der Text neben dem Buch.

Die Pflege erkrankter Familienmitglieder war in ländlichen Gegenden wie in Markt Erlbach Aufgabe der Hausfrauen und Müttern.

Krankenhäuser oder Spitäler gab es nur in der Stadt. Für die meisten Landbewohner war es unmöglich dorthin zu reisen. Zudem war es schwierig, den Aufenthalt zu finanzieren.

Die Einwohner in Markt Erlbach konnten sich also glücklich schätzen, als die Gemeinde schon 1869 ein Krankenhaus einrichtete. Der ortsansässige praktische Arzt übernahm die Stelle des Krankenhausarztes und führte ab da auch Operationen durch.

Als das Krankenhaus in Neustadt/Aisch 1958 seinen Betrieb aufnahm, schloss die Gemeinde das Krankenhaus in Markt Erlbach und ließ die Einrichtung an den Meistbietenden versteigern.

Im Arztzimmer ist über der Zimmertür auch der älteste Balken des Hauses zu entdecken. Er wurde durch dendrochronologische Untersuchungen auf das Jahr 1443 datiert.